Ralf Isau
Die zerbrochene Welt
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»Die zerbrochene Welt« von Ralf Isau
Vor 4000 Jahren zerbrach ein Planet in unzählige Schollen und so entstand Berith - eine Welt, die aus einzelnen bewohnten und unbewohnten Inseln im Ätherischen Ozean besteht. Berith wird von den unterschiedlichsten Völkern und Rassen besiedelt.
Taramis ist Tempelwächter auf Jâr'en und er wurde zu einer Mission nach Zeridia geschickt. Dort gibt es mysteriöse Todesfälle, die von einem bisher unbekannten Wesen verursacht werden. Taramis stellt sich diesem Gegner und geht siegreich aus dem Kampf hervor. Doch als er nach Jâr'en zurückkehrt, muss er feststellen, dass die Heilige Insel während seiner Abwesenheit von Dagonisiern und Kirries überrannt wurde. Die Tempelwächter konnten Jâr'en nicht verteidigen und so sind die meisten von Taramis' Freunden umgekommen. Taramis gerät verletzt in dagonisische Gefangenschaft und versucht das Rätsel zu lösen, wie die Dagonisier, die doch durch Kiemen atmen, überhaupt in der Lage waren, die luftumschlossene Insel Jâr'en anzugreifen.
Als ich die ersten Seiten dieses Buches gelesen habe, stolperte ich dauernd über irgendwelche Begriffe: Dagonisier, Kirries, Zeridianer, Antische, Riesenschwallechsen? Was soll das alles sein, worüber schreibt der Autor eigentlich und woher soll ich bitte wissen, was das alles ist? Nach circa zwanzig Seiten kam ich auf die Idee, mal zum Ende des Buches zu blättern und entdeckte ein Register, in dem all diese Begriffe ausführlich erklärt werden. Ab da hatte ich für die nächsten 30 Seiten das Gefühl, ich würde mehr in einem Lexikon blättern, als ein Buch zu lesen. Aber dann platzte endlich der Knoten und ich konnte voll und ganz in diese wunderbare Welt eintauchen und die Geschichte genießen.
Die Welt, die Ralf Isau hier für den Leser erschaffen hat, ist überwältigend phantasievoll, völlig anders als die Welt, die wir kennen, daher ist es wohl auch kein Wunder, dass es ein wenig dauert, bis man sich in Berith heimisch fühlt.
Allein all die Geschöpfe, mit denen der Autor die Scherbenwelt besiedelt hat, sind unglaublich:
Die Zeridianier sind Amphibienmenschen, die sowohl Lungen als auch Kiemen haben und sich daher ohne Hilfsmittel auf den luftumschlossenen Inseln und auch im ätherischen Ozean aufhalten können. Die Dagonisier, auch Feuermenschen, Antische oder Fischköpfe genannt, verfügen nur über Kiemen und kommen aus dem dunklen Zentrum Beriths. Sie können also an der Luft nicht überleben, fühlen sich dafür aber im Äther wie zuhause.
Zur Fortbewegung zwischen den Inseln nutzen die Bewohner Beriths amphibische Lebewesen, wie beispielsweise Riesenschwallechsen, Drachenkröten oder Ätherschlangen. Je nach Größe können diese Wesen nur einen einzelnen Reiter, gleich eine ganze Reisegesellschaft oder sogar eine Hundertschaft einer Invasionsarmee befördern. Für kiemenlose Lebewesen werden Transporttiere mit sogenannten "Kiemenkapseln" ausgestattet - sie sind direkt mit den Kiemen des Tieres verbunden und versorgen die Fahrgäste so jederzeit mit frischer Luft.
Auch die einzelnen Schollen Beriths könnten unterschiedlicher nicht sein: Die Heimat der Zeridianer mutet wie ein südamerikanischer Urwald an, Jâr'en ist eher mediterran, Malon - die Heimat der Kirries - ist dagegen ein schroffes Bergmassiv und das zwergenhafte Piratenvolk lebt in teils natürlichen, teils künstlich erschaffenen Höhlen.
Angesichts dieser Artenvielfalt und der Unterschiedlichkeit der einzelnen Schauplätze, kommt man während des Lesens aus dem Staunen gar nicht mehr heraus.
Nicht ganz so gut gefallen haben mir Isaus Charaktere. Sie waren mir etwas zu eindimensional, zu schwarz-weiß. Taramis ist so sehr der strahlende Held, der überragende Kämpfer, ausgestattet mit übermächtigen Waffen und Geistesgaben, dass er fast unbesiegbar erscheint. Seine ab und an etwas zögerliche Art, das Hadern mit den eigenen Entscheidungen und das Ablehnen der Führungsrolle erscheinen da ein wenig unglaubwürdig und es wirkte auf mich, als wollte man ihm nachträglich noch ein paar Schwächen mitgeben, die aber eigentlich keine sind.
Die Dagonisier sind dagegen so unglaublich böse, gewaltbereit und skrupellos, es scheint keinen einzigen sympathischen Vertreter dieses ganzen Volkes zu geben.
Taramis' Kreis der Zwölf , der über weite Strecken des Buches den einzigen nennenswerten Widerstand gegen die dagonisische Invasion darstellt, bleibt dagegen überwiegend ziemlich blaß und dient als Kanonenfutter in den zahlreichen Kämpfen gegen die feindliche Übermacht.
Die Charaktere sind meiner Meinung nach aber die einzige Schwäche dieses Buches und sie werden durch die gut durchdachte und funktionierende Welt, sowie durch die durchgehend spannende Handlung mehr als ausgeglichen. Auch der Humor kommt nicht zu kurz, es gab immer wieder Passagen, die mich zum Schmunzeln brachten und die die Handlung auflockerten.
Für mich ein absolut lesenswertes Buch, bei dem man für den etwas schwierigen Einstieg definitiv für's Durchhalten belohnt wird. Zum Glück handelt es sich bei Isaus "Die zerbrochene Welt" um den ersten Band einer Trilogie, so kann ich mich noch auf die beiden Nachfolgebände "Die zerbrochene Welt - Feueropfer" und "Die zerbrochene Welt - Weltendämmerung" freuen, die beide bereits erschienen sind, so dass ich jetzt nahtlos weiterlesen kann.