Seit Pascals letzter Mission im Reich der Toten sind einige Monate vergangen, in der die Truppe eine von Seherin Daphne und Wächter Marcel verordnete Ruhepause einlegen musste.
Die Geschehnisse haben die Jugendlichen verändert:
Pascal wird sich der Verantwortung bewusst, die ihm seine Rolle als Wanderer auferlegt;
Michelle versucht die traumatischen Ereignisse zu verarbeiten und
Jules erholt sich nicht gut von seiner Vampir-Verletzung.
Marc, das dämonische Wesen, das Pascal und Michelle aus Gutgläubigkeit vor einem Schicksal in der Ebene der Verdammten bewahrt haben, fängt an, dem Wanderer Schwierigkeiten zu bereiten: Er greift das
"Europäische Dreieck", die Oberhäupter der
"Vereinigung der lebenden Seher" an, um diese Organisation zu schwächen, bevor sie seine finsteren Pläne durchkreuzen kann.
Nachdem Marc die erste Seherin ausgeschaltet hat, bleibt Pascal nicht mehr viel Zeit um seinen Gegner im Reich der Toten zu stellen...
Diesmal spielt sich die Handlung - im Gegensatz zum ersten Band "Totenreise" - hauptsächlich in der Welt der Lebenden ab. Pascal muss feststellen, das nicht nur er ins Reich der Toten reisen kann, sondern dass manche Bewohner der Unterwelt durchaus Möglichkeiten haben, Einfluss auf die Welt der Lebenden zu nehmen.
Außerdem macht er sich unter Daphnes Anleitung mit einer weiteren seiner besonderen Fähigkeiten vertraut: Durch seinen besonderen Draht zu den Toten kann er Orte zum Sprechen bringen. Beispielsweise Orte, an denen ein Verbrechen verübt wurde. Er kann förmlich wie in einem Film sehen, was sich an dieser Stelle zugetragen hat und kann so der Polizei im Geheimen helfen, einen Mord aufzuklären. Diesen Aspekt seines Wanderer-Daseins fand ich sehr schön geschildert und es ist auch eine schlüssige Fähigkeit, die leider nur einmal zum Einsatz kam - ich hätte mir mehr davon gewünscht.
Mir hat es gut gefallen, dass sich der Handlungsschwerpunkt in unsere Welt verlagert hat, und nur eher kürzere Episoden im Totenreich eingeschoben wurden. Das sorgte für Abwechslung und der Autor verhinderte so erfolgreich, dem Leser nur einen Aufguss des ersten Bandes zu servieren.
Sehr zu meinem Leidwesen wurde in diesem Band aber auch der romantische Aspekt der Geschichte ausgebaut und Pascal findet sich plötzlich hin- und hergerissen zwischen seiner Liebe zu Michelle und der Anziehung, die das tote Mädchen Beatrice auf ihn ausübt. Also doch eine dieser unsäglichen Teenie-Dreiecks-Liebesbeziehungen.
Aber ich will nicht übertreiben, dieser Handlungsstrang wird von David L. Garbala nicht übermäßig ausgewalzt, er stellt nur einen Nebenkriegsschauplatz in der gesamten Geschichte dar. Und zum Glück wird es auch nicht übertrieben schmalzig, und man muss sich auch nicht seitenweise mit den körperlichen Vorzügen der beiden Kontrahentinnen auseinandersetzen. Also alles in allem ganz gut auszuhalten.
Der Antagonist dieses Bandes, Marc, ist an die Unterwelt gebunden und kann sich nicht, wie Gautier im ersten Band, frei in der Oberwelt bewegen. Aber er hat trotzdem einige Möglichkeiten, sich für kurze Zeit aus der Unterwelt zu befreien und er ist durchaus ein Gegner, den der Wanderer nicht unterschätzen darf. Er ist jedenfalls ganz anders als der Vampir, und der Schlüssel zum Sieg über ihn liegt in seinem Leben als Sterblicher, daher ist es wichtig, möglichst viel über ihn in Erfahrung zu bringen. Auch hier hat sich der Autor also nicht auf aus dem ersten Band bewährte Strickmuster verlassen, sondern hat sich etwas neues einfallen lassen.
Marc lebt in derselben Ebene wie die Hausgeister - die Verstorbenen, die nicht weitergehen können, weil irgendetwas sie noch an die Welt der Lebenden bindet. Hier hat der Autor einen weiteren Bereich seiner Unterwelt erdacht, der für den Leser neu und anders war - wirklich gut gelungen.
Da der erste Band bei mir so gut ankam, habe ich mir die beiden Nachfolgebände auf Amazon angesehen und erlebte leider eine böse Überraschung, denn der Klappentext zu Band 3 verrät dem interessierten Leser schon im ersten Satz, welcher von Pascals Wegbegleitern in Band 2 den Tod findet. Das war wirklich ein fieser Spoiler, der mir ein wenig den Spaß am zweiten Band verleidet hat. Lieber Loewe-Verlag, das finde ich nicht sonderlich geschickt, denn wenn man am ersten Band einer Trilogie Gefallen findet, sieht man sich in der Regel die Folgebände schon mal an, wenn sie denn schon erschienen sind. Und da ist es schon ziemlich unschön, wenn einem etwas so Elementares in einem Nebensatz vor den Latz geknallt wird.
Insgesamt gesehen hat mir "Totenreise" etwas besser gefallen als "Totengelächter". Aber trotzdem erhält der Leser hier eine sehr gelungene Fortsetzung und einen schönen Mittelteil einer Trilogie, in dem keine Langeweile aufkommt und man auch niemals das Gefühl hat, man würde nur bis zum großen Showdown hingehalten.
Am Ende von
"Totenreise" war eigentlich durch die Befreiung Marcs relativ klar, in welche Richtung die Handlung im nächsten Band weiterläuft. Am Ende von
"Totengelächter" bin ich da etwas ratlos, wie es wohl in Band 3
"Totengesang" weitergehen könnte - umso gespannter bin ich nun auf den letzten Teil.