Neal Shusterman Scythe 3
Das Vermächtnis der Ältesten
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»Das Vermächtnis der Ältesten« (Scythe 3) von Neal Shusterman
Der Untergang Enduras läutet ein neues Zeitalter ein. Nicht nur für die Scythe, die sich plötzlich ohne Führung und Struktur sehen, sondern auch für den Rest der Menschheit. Denn der Thunderhead erklärt alle Menschen zu Widerlingen und kappt somit die Verbindung zu ihnen. Plötzlich sieht sich die Menschheit vor der Herausforderung, ihr Leben wieder selber organisieren und lenken zu müssen. Zumindest der Großteil von ihnen, denn die Tonisten, vormals eine Randgruppe der Gesellschaft, erlangen plötzlich einen nie geahnten Höhenflug: Der Toll ist unter ihnen, der einzige Mensch auf der Welt, der noch Kontakt zum Thunderhead hat! Neue Verbindungen tun sich auf, andere zerbrechen. Kurz: Die Karten sind neu gemischt und die Welt macht sich bereit für Neuerungen...
Das Cover zeigt Scythe Anastasia uns Scythe Luzifer, Rücken an Rücken. Zwischen ihnen wie eine Drohung eine dritte Personen, bei deren Identität ich mir nicht schlüssig bin. Soll es Scythe Goddard zeigen, der die beiden mit aller Macht trennen will, um seine Macht zu festigen und zu stützen, oder doch den Fleisch gewordenen Thunderhead, der seine schützende Hand über die beiden Schicksalsträger hält? Von der Symbolik her, finde ich das Bild sehr gelungen, gerade weil es Spielraum für eigene Überlegungen lässt, aber von der Farbwahl fand ich es nicht ansprechend.
Neal Shusterman entführt mich wieder in die mysteriöse Welt der Scythe und des Thunderhead. Endlich ist es der Menschheit gelungen, den Tod zu besiegen; sie können den Tod ähnlichen Zustand heilen und ihre Körper nach belieben verjüngen. Um die Überbevölkerung einzudämmen, haben sich die Scythe gegründet, die Menschen nachlesen, ihnen also das Leben endgültig nehmen. Sie können allerdings auch Immunität vor dem Tod gewähren, wenn auch nur für ein Jahr. Das Leben wird von dem schier übermächtigen Computerprogramm Thunderhead organisiert, der auf mich wie eine Mischung aus Gott und Smartspeaker wirkt. Erschreckend an dieser Stelle, dass Neal Shusterman das Leben so glaubwürdig und präzise schildert, dass ich mir diese Zukunft durchaus vorstellen kann!
Allerdings geizt der Autor auch mit Schattenseiten nicht und lässt Gewitterwolken über dieses friedliche Utopia ziehen. Denn der Sinn des Lebens scheint verloren; zumindest für den Großteil der Bevölkerung, der einfach vor sich hinlebt. Berufe zum Gelderwerb sind nicht notwendig, Forschung erledigt der Computer und drohende Schwierigkeiten werden schon im Keim erstickt.
Zumindest bis die Hochburg der Scythe - Endura - im Meer versinkt und mit ihr die Herrscher der Sensenmänner. Schnell bildet sich ein Machtvakuum, dass sich machthungrige und gnadenlose Scythe sichern wollen. Allen voran der High Blade von MidMerica Robert Goddard. Lebt er doch in der Hoffnung, dass seine größten Widersacher, Citra und Rowan in den Fluten Enduras umgekommen sind. Das Spiel um die grenzenlose Macht fand ich nicht nur erschreckend, sondern richtig gehend Angst einflößend, denn dem Autor ist es gegeben, realistisch und brandaktuell seine Geschichte zu schildern und ihr somit Leben einzuhauchen.
Trotzdem fehlte mir der Schwung, der Elan und der Esprit, der den beiden ersten Bänden zu eigen war und mich voller Freude auf den krönenden Abschluss der Trilogie blicken ließen. Ich kam schlecht in die Geschichte rein und konnte mich schwer von ihr gefangen nehmen und in ihren Bann ziehen lassen. Zu oft wechselten die Örtlichkeiten und die damit einhergehenden Geschichten der Protagonisten. Dieses Buch ist in mehrere, sehr ausgeprägte Erzählstränge gegliedert, die keinen Hauptstrang zu besitzen scheinen. Jede ist gleichwertig und alle steuern auf das Finale zu, dass in meinem Kopf recht schnell Gestalt annahm. Die Wege dorthin waren zwar verschlungen und boten interessante Wendungen, aber leider keine wirklichen Überraschungen. Für mich war es eindeutig zu politisch. Die Ränkespiele der einzelnen Parteien, die um die Vorherrschaft kämpften - angeblich zum Wohle aller - konnten mich nicht überzeugen und ich fand es eher ermüdend als spannend zu lesen.
Ebenso verhielt es sich mit den Protagonisten. Jeder einzelne für sich trägt die Last einer gewichtigen Story, strauchelt einer, bricht die Handlung zusammen. Ich persönlich mag es, mich an ein oder zwei Personen fest zu halten und diese durch ein Buch oder eine Serie zu begleiten. Meine Helden waren schnell gefunden - Citra und Rowan. Allerdings bekamen sie in diesem Band nicht den Stellenwert, den ich mir gewünscht und erhofft hatte. Um ehrlich zu sein, schien es mir fast, dass der Autor seinen roten Faden verloren hatte, oder die Geschichte zu sehr ausschmücken wollte und sich dann in Umwegen verlor. Die Personen waren für mich zu sprunghaft.
Mein Fazit
Lose Enden werden verknüpft und die Geschichte findet einen gelungen Abschluss. Leider hat mich dieser Band nicht ganz so überzeugen können, wie die Vorgänger.