Brandon Sanderson
Der Rithmatist
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»Der Rithmatist« von Brandon Sanderson
Die Vereinigten Inseln von Amerika, Anfang des 20. Jahrhunderts: Joel, Sohn eines Kreidemachers und einer Putzfrau, lebt mit seiner Mutter auf dem Campus der Armedius-Akademie, einer Eliteschule, auf der die Kinder reicher oder bedeutender Eltern unterrichtet werden – außerdem werden dort die Rithmatisten ausgebildet. Da der Rektor viel von Joels verstorbenem Vater hält, hat Joel ein Stipendium bekommen, um die Akademie zu besuchen.
Während er in Mathematik, Geschichte oder Literatur unterrichtet wird, träumt Joel davon, ein Rithmatist zu sein. Rithmatisten lernen an der Akademie, mit Hilfe von zu Leben erweckten Kreidelinien und -figuren Duelle auszufechten, um später die wilden Kreidlinge des Inselstaates Nebrask in Schach halten zu können. Heimlich besucht Joel die Unterrichtsstunden der Rithmatisten, um so viel wie möglich zu lernen, auch wenn er selbst nicht die Fähigkeit besitzt, Kreidezeichnungen zum Leben zu erwecken.
Seine Besessenheit und sein Wissen um die Rithmatik erweisen sich von Vorteil, als nacheinander zwei Schüler der Rithmatik verschwinden. Schnell wird klar, dass ein Rithmatist etwas damit zu tun haben muss. Professor Fitch, bei dem Joel als Forschungsassistent arbeiten darf, wird auf den Fall angesetzt und Joel nutzt die Gelegenheit, ihm zu helfen. Unterstützung erhält er von Melody, einer Rithmatik-Schülerin, die keine sein möchte und lieber Einhörner malt als sich mit Verteidigung zu beschäftigen.
Als jedoch ein dritter Schüler verschwindet und gleichzeitig einige Zeugen getötet werden, merkt Joel, wie gefährlich es sein kann, sich einzumischen. Denn wie es aussieht, sind wilde Kreidlinge für das Verschwinden der Schüler verantwortlich – und Joel hat keine magischen Fähigkeiten, um sich zu wehren.
Kommentar:
Ich lese Bücher von Brandon Sanderson sehr gern und bewundere immer wieder seinen Ideenreichtum, wenn es um Magie geht. Daher gehört „Der Rithmatist“ zu den Büchern, bei denen ich mich vorher schon freue, sie in die Hand zu nehmen und zu lesen. Im Gegensatz zu seinen anderen Büchern, die ich bisher gelesen habe, ist dieser Band ein Jugendbuch, der Protagonist ist um die 16 Jahre alt. Auch wenn ich dadurch nicht mehr zur Zielgruppe gehöre, habe ich das Buch sehr genossen und mehr oder weniger in einem Rutsch durchgelesen.
In der Danksagung bezeichnet Sanderson die Geschichte – in der deutschen Übersetzung – als eine „Uhrwerkpunk“-Geschichte. Sie spielt im Amerika um 1910 herum, die Technik der Welt beruht allerdings auf Federwerken. Es gibt Federbahnen, die mit aufgezogenen Federn laufen, Federlampen und selbst die Goldmünzen enthalten kleine Federmechanismen. Amerika besteht aus lauter kleinen Inseln, die sich zu den Vereinigten Inseln zusammengeschlossen haben und über die Federbahnen miteinander verbunden sind. Diese Welt und die Idee der Rithmatik hat mir sehr gut gefallen.
Die Charaktere sind eher schräg, wenn auch liebenswert. Da gibt es den skurillen Professor, der in der Praxis schon mal versagt, aber ein guter Lehrer ist, oder die Rithmatik-Schülerin, die eigentlich gar keine sein möchte und schon mal sehr übellaunig werden kann. Einzig bei dem Hauptprotagonisten Joel hat es gedauert, bis ich mit ihm warm geworden bin. Er war manchmal dann doch etwas zu besessen von der Rithmatik, ohne Rücksicht auf Konsequenzen.
Sanderson schreibt so, dass man in das Buch regelrecht eintauchen kann. Auch wenn es ein Fantasybuch ist, bei dem es um die Magie der Kreidezeichnungen geht, ist es gleichzeitig eine Schulgeschichte und vor allem ein Kriminalfall, den ich so spannend fand, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte, weil ich endlich wissen wollte, wer der Übeltäter ist.
Die Idee, eine Bedrohung aus 2-dimensionalen Kreidewesen zu erschaffen, gegen die speziell ausgebildete Krieger (Rithmatisten) kämpfen müssen, fand ich einfach nur skurill. Mein erster Gedanke war: Wie können solche Kreidewesen überhaupt gefährlich sein? Aber während des Lesens habe ich entschieden, dass ich diesen Wesen definitiv nicht begegnen möchte.
Wirklich schön ist die Aufmachung des Buches. Am Anfang gibt es eine Karte der Vereinigten Inseln von Amerika, auf denen die 60 Inseln mit ihren jeweiligen Bezeichnungen sowie die Standorte der Akademien dargestellt sind. Zwischen den Kapiteln gibt es jeweils eine ganzseitige Zeichnung der rithmatischen Kreideformen oder Verteidigungen mit den dazugehörigen Erklärungen, wie die Rithmatik funktioniert. Zusätzlich tauchen auf vielen der Seiten Kreidefiguren oder Zeichnungen auf, die auch gerade im Text beschrieben werden. Dadurch ist das Buch auch optisch ein Genuss beim Lesen.
Einziger Kritikpunkt für mich war, dass es etwas dauert, bis die Geschichte in Fahrt kommt. Die Erklärungen der Duelle und Taktiken fand ich manchmal ermüdend und haben mich an die Beschreibung von Schachduellen erinnert.
Die Haupthandlung des Buches ist in sich abgeschlossen – der Bösewicht wird enttarnt – allerdings bleiben viele Fragen offen und auch die Geschichte hat ein offenes Ende, sodass ich hoffe, dass es demnächst eine Fortsetzung gibt.
Fazit:
Ein Jugendbuch, an dem auch Erwachsene ihren Spaß haben können, mit einer wirklich witzigen Idee, einigen schrägen Charakteren, einer spannenden Geschichte und einer schönen Aufmachung. Ich freue mich schon auf eine Fortsetzung, die es hoffentlich geben wird.