Tad Williams
Der Blumenkrieg
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»Der Blumenkrieg« von Tad Williams
Theo ist Anfang 30, ein Waschlappen, ein Looser, ein Typ, der seinen Weg noch nicht gefunden hat. Einer, der anders sein möchte als seine Eltern aber im Endeffekt nicht weiß, was er eigentlich will. Kein Studium, kein fester Job, eine Beziehung, die nicht den Stellenwert für ihn hat, die für eine glückliche Beziehung angebracht wäre. Und Musikerfreunde mit denen er abhängt, alle ohne Perspektiven. Als Theos Freundin ihr gemeinsames Kind verliert, schmeißt sie Theo raus, denn sie gesteht sich endlich ein, was sie schon lange fühlt: Nichts ist für diesen Mann wichtig, außer der Musik.
Theo zieht wieder zu seiner Mutter zurück , zu der er nie eine herzliche Bindung hatte. Doch als sie an Krebs erkrankt, pflegt er sie und begleitet sie bis zu ihrem Tod. In dieser kurzen Zeit kommen sie sich näher als jemals zuvor und ihr Tod hinterlässt eine Leere in ihm. Er verkauft das Haus seiner Eltern und zieht sich für ein Jahr von der Welt zurück, um endlich herauszufinden, was in seinem Leben schief läuft und wohin sein Weg ihn führen soll. Dazu mietet er sich eine abgelegen Berghütte, doch bald stellt er fest, dass sie Einsamkeit nicht so sein Ding ist. Er fühlt sich beobachtet und verfolgt und Alpträume plagen ihn. Um sich abzulenken liest er das Tagebuch seines unbekannten Großonkels, das von einer märchenhaften Welt erzählt, teilweise unserer ähnlich, teilweise grotesk und andersartig. Bevor er sich noch richtig entschieden hat ob er diese Erzählungen für bare Münze nehmen oder als Phantasien eines Irren abtun soll, befindet sich Theo plötzlich selbst in dieser Welt. Vor einem Monster gerettet von einer scharfzüngigen Minifee, wird er herüber gezerrt in eine andere Welt. Er, der Tagträumer und ohne Perspektiven, der sich in seiner eigenen Welt kaum zurecht findet, muss plötzlich Partei ergreifen in einem Kampf, den er nicht verseht in einer Welt, die er nicht versteht. Das ihm dabei jeder nach dem Leben trachtet, macht die Sache für ihn nicht einfacher. Zum Glück hat er Apfelgriebs an seiner Seite, die trotz ihrer nur 15 cm Körpergröße, dem uncoolen Antihelden eine große Hilfe ist.
Kommentar:
Nach Osten Ard und Otherland ist man als Leser zuerst bestürzt zu erfahren, dass es sich hier um ein einbändiges Werk handelt. Doch der Autor schafft es, auf 800 Seiten alles aufzubieten, was ein erstklassiges Fantasywerk braucht. Und er widerlegt hier alle gängigen Klischees, die in der Fantasy so verbreitet sind. Elfen sind edel, Goblins sind hirnlose Trottel, Oger sind Bösewichter. Nicht so hier, nicht in Elfien, wie dieses Land genannt wird. Hier dominieren despotische, arrogante und intrigante Elfen über den Rest des Landes. Es herrscht eine Mehrklassengesellschaft, in der die Goblins ausgebeutet und die Armen unterdrückt werden. Wie im indischen Kastensystem ist es kaum möglich, die Gesellschaftsschicht zu verlassen, in die man hineingeboren wurde. Viele Unterdrückte arbeiten für wenige Reiche.
Theo ist entsetzt, als er den sagenumwobenen Elfen in Natura begegnet . Nichts gleicht den Erzählungen über Elfen in seiner Welt. Nichts ist hier märchenhaft, außer die seltsamen Wesen, denen er begegnet, die Welt steht kurz vor einem Krieg. Allerdings ist ihm schleierhaft, was er damit zu schaffen hat und warum er verfolgt und bedroht wird. Er ist und bleibt über weite Längen des Buches ein Waschlappen und Angsthase, der nur in seine eigene Welt zurück möchte. Apfelgriebs nennt ihn flach, er verfügt über keinen Charakter und befasst sich nur mit sich und seinem eigenen Elend. Die Fee findet sehr deutliche Worte für den oberflächlichen jungen Mann, denen wir als Leser nur zustimmen können. Er ist es auch nicht, der den Leser in seinen Bann hält. Es sind die Bewohner Elfiens, die den Charme des Buches ausmachen, allen voran Apfelgriebs, Wuschel und Knopf. Die legendären, menschenähnlichen Elfen dagegen sind durchweg unsympathisch. Die Jugend ist dekadent, verdorben und verzogen, die Älteren sind gierig und Macht besessen. Die sieben reichen und mächtigen Adelsgeschlechter herrschen über das ganze Land. Obwohl Fürst Narziss die Menschen verachtet und als minderwertig ansieht, geht er den gleichen Weg, wie die Menschen. Die Elfen bedienen sich der Erfindungen der Menschen, die hier allerdings eher durch Magie betrieben werden. Doch diese Magie, welche aus der Kraft des Landes gezogen wird, ist nicht unendlich. Um dies zu vertuschen, unterdrücken die herrschenden Adelshäuser die anderen Rassen mehr und mehr und beuten sie aus. Ein Krieg ist unvermeidlich. Der Autor findet sehr deutliche Worte und hält uns teilweise einen Spiegel vor. Man könnte diese Geschichte durchaus sozialkritisch nennen. Dazu passt es auch, dass der Held eben kein Held ist. Er ist ein Mensch, der keine Ziele im Leben hat und nichts mit sich anzufangen weiß. Er ist ein Vertreter der Generation ohne Ziele. Die Eltern, die hart geschuftet haben, damit ihre Kinder es besser haben, die den Kindern aber somit keine Perspektiven mitgegeben haben. Eine Generation, die sich treiben lässt.
Während Tad Williams wunderbar mit der Sprache umgehen kann, besitzt der Übersetzer Hans-Ulrich Möhring dieses Talent nicht unbedingt. Wie soll man sich als Leser ansonsten die sich wiederholende Wortkombination „ als wie“ erklären? Man mag es vielleicht einem heimischen Dialekt des Übersetzers zuschreiben, als Leser empfindet man diesen Satzbau jedoch als absolut störend. Da hat er seine Sache bei Otherland wesentlich besser gemacht.
Fazit:
Ich mochte schon fool on hill und Elfen in New York . Dieses Buch reiht sich nahtlos an diese außergewöhnlichen und andersartigen Fantasygeschichten an und bereitet dem mutigen Leser unendliches Vergnügen. Wer allerdings Elben a la Hennen und Tolkien bevorzugt, wird eher enttäuscht werden.