Patrick Ness Chaos Walking 1
Chaos Walking
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»Chaos Walking« (Chaos Walking 1) von Patrick Ness
Todd Hewitt wächst in einer Welt auf, die ausschließlich aus Männern besteht. Vor seiner Geburt hat sich eine Gruppe Siedler von der Erde auf den Weg nach New World gemacht, um eine neue Heimat zu finden und nach ihren Vorstellungen zu formen. Doch es lebten schon Wesen auf dieser Welt, die Spackle. Kampflos wollten sie ihre Heimat nicht aufgeben und auch nicht teilen und so setzten sie einen Virus frei, der alle Frauen umbrachte und die Männer damit strafte, dass alle ihre Gedanken in Form von Lärm für jeden sichtbar und auch hörbar ist. Kurz vor seinem Geburtstag der ihn offiziell zum Mann machen soll, trifft er plötzlich auf Viola. Ein Mädchen! Und wenn es doch Frauen auf der Welt gibt, was war noch alles gelogen? Todd flüchtet mit Viola, verfolgt von seinen eigenen Leuten. Ein Rennen auf Leben und Tod beginnt. Und ein Kampf um die Wahrheit.
Das Cover zeigt je das halbe Gesicht von Viola Eade und Todd Hewitt, die New World förmlich einzurahmen scheinen. Beschienen wird die eher düstere Szenerie von den beiden Monden, die New World umkreisen. Aus Todds Kopf scheinen Flammen zu schießen, die vermutlich den Lärm symbolisieren sollen. Ich finde es gut zum Inhalt des Buches gewählt, da es für mich genau die richtige Mischung an Stärke, Gefahr und Spannung zeigt, die dem Buch zu eigen sind. Die beiden Jugendlichen verströmen Hartnäckigkeit, Lebenswillen und Kampfgeist, der mich neugierig auf das Buch machte.
Verstörend, war mein erster Gedanke, als ich mit dem Buch von Patrick Ness begonnen hatte . Es ist nicht so sehr die Idee, dass die Menschheit auf einem anderen Planeten siedelt und dort von Außerirdischen fast vernichtet wird; auch nicht, dass ein merkwürdiger Virus dafür gesorgt hat, dass nur noch Männer übrig bleiben und sie alle Gedanken der anderen Männer und Lebewesen hören können und unter permanenten Lärm leiden; sondern viel mehr, dass ein zwölfjähriger Junge dazu fähig ist, seinen eigenen Hund zu malträtieren. Todd Hewitt wächst in dieser merkwürdigen und stellenweise ungastlichen Welt heran, doch er kennt es nicht anders, als alle Gedanken hören zu können. Auch die seines Hundes Manchee. Sie sind ungestüm und zeugen ausschließlich von Leben. Doch sie nerven den Jungen und wenn er seinen Hund schlägt, antwortet dieser mit Aua. Und trotzdem schlägt Todd weiter. Mir ist es unbegreiflich, wie ein Kind ein anderes Lebewesen mit Wissen und Wollen verletzten kann. Patrick Ness bringt dies fast nüchtern und kühl rüber, so dass sich mir die Nackenhaare sträubten und ich geneigt war, das Buch abzubrechen. Doch dann wurde mir klar, dass es wirklich Gedanken sind, die Todd durch den Kopf schießen. Unbewusst und aus der Tiefe seiner Seele heraus, nur, dass sie wegen des freigesetzten Virus als Lärm gehört werden können. Wie grauenvoll wäre es, wenn meine Gedanken alle gehört werden könnten; denn Hand aufs Herz: Ich habe auch schon dem ein oder anderen die Pest an den Hals gewünscht. Und auch meine Gedanken würden andere irritieren.
Und das war nur der Anfang, diesen bemerkenswerten Buches! Selten habe ich einen Autor erlebt, dem es so leicht fiel, mit der Sprache zu spielen. Mal setzte er Spannung ein, erzeugt Nachdenklichkeit, brachte mich zum Schmunzeln, jagte mir einen Schreck ein und ließ mich mit den Tränen kämpfen. Ganz großes Kino! Mit jedem Wort von Patrick Ness, zog mich New World tiefer in seinen Bann. Verschlang mich und ließ mich einfach nicht mehr los. Der Spannungsbogen ist dem Autor grandios gelungen; denn er schreibt nicht einfach stupide nach Schema F, sondern verblüfft mich immer wieder mit unvorhergesehenen Wendungen. Er lässt mich zur Ruhe kommen, ja regelrecht ankommen, eh plötzlich aus einer völlig anderen Richtung neue Eindrücke und Erlebnisse auf mich einprasseln.
New World ist Patrick Ness vermutlich deswegen so toll gelungen, weil ich mir exakt so eine Welt zur Besiedlung durch die Menschheit vorstellen kann! Unbekannte Tiere, aber nicht zu weit entfernt von denen auf der Erde. Wälder, Seen, Berge, Meere, eigentlich wie auf Mutter Erde; Nur unberührt. Quasi 2.0, um alles besser zu machen. Und auch die Besiedlungsabsichten der Menschen scheint darauf hoffen zu lassen, denn sie wollen Ackerbau und Viehzucht betreiben und erdverbundener leben. Dabei allerdings sich nicht ins Mittelalter zurück versetzen, sondern die angenehmen technischen Errungenschaft nutzen. Genau so kann ich mir eine Besiedlung vorstellen! Ein absolut passender Rahmen für diese Atem raubende Geschichte, da eine ganze Welt zur Verfügung steht, die Patrick Ness mir quasi zu Füßen legt; Voller Entdeckergeist, Eifer und Neugierde.
Und auch die Protagonisten haben etwas ursprüngliches . Es sind Menschen wie du und ich. Sie sehen aus wie wir, fühlen wie wir, riechen, schmecken und lachen wie wir. Und doch sind sie anders. Aufregend! Denn sie haben die Erde, ihre Heimat, verlassen und machen sich auf die Reise ins Ungewisse. Natürlich mit Hilfsmitteln, ansonsten aber mit mehr Träumen und Hoffnungen bestückt, als sonst etwas. Diese Aufbruchstimmung schwebt immer noch über den Geschehnissen, auch wenn die Ankunft längst hinter ihnen liegt. Doch leider sind nicht nur die guten Absichten mit den Siedlern gereist, sondern auch die dunklen.
Zwischen Aufbruch und Festgefahrenheit sind die beiden Jugendlichen Viola und Todd wie ein Leuchtfeuer. Sie stehen für etwas ganz Neues. Nichts radikales, sondern leben und leben lassen. Sie wünschen sich ein naturverbundenes und selbst bestimmtes Leben, was es zur Zeit anscheinend auf New World nicht gibt. Oder hart erkämpft werden muss. Ich fand es faszinierend, den beiden folgen zu dürfen, da das Wachstum ihrer Seele, das Umdenken und der Reifeprozess mich begeisterten. Mit jeder an sie gestellten Aufgabe wachsen sie. Es gibt kein geht nicht, sondern zusammen sind sie stark. Und als sie dies erkannt haben, scheint die Welt offen. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so ist und Gewalt regiert. Patrick Ness schreibt zwar teils düster, lässt aber immer einen Lichtstreifen am Horizont.
Mein Fazit
Kino im Taschenbuchformat! Bildgewaltig, spannend, tolle Handlung, super Charaktere... Mein erster Blockbuster des Jahres!