Paolo Bacigalupi
Versunkene Städte
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»Versunkene Städte« von Paolo Bacigalupi
Mahlia und Mouse sind Kriegsmaden; ungeliebt, ungewollt und einfach nur lästig. In ihrem Dorf würden sie am liebsten vertrieben werden, aber sie stehen unter dem Schutz des einzigen Arztes. Als ihr Dorf plötzlich von der Vereinten Patriotenfront angegriffen wird, fliehen die Kinder in den Dschungel. Während Mahlia einen Halbmenschen findet und diesen gesund pflegt, da er ihr nützlich erscheint, wird Mouse von den VPF gefangen genommen und rekrutiert. Mahlia und der Halbmensch Tool folgen den Soldaten in die Versunkenen Städte, um Mouse zu befreien. Ein denkbar gefährliches und aussichtsloses Unterfangen.
Das Cover zeigt die Versunkene Stadt Washington D.C.. Alles liegt in Schutt und Asche, überwuchert von der Natur, die sich ihren Platz zurück erobert. Oben drüber prangt ein Paar Augen. Erschrocken sind sie, weit aufgerissen und blicken mutig und zugleich panisch. Ich finde es sehr gut zu Titel und Inhalt des Buches gewählt, da es die Tristesse der Neuen Welt wiederspiegelt, die Hoffnungslosigkeit und die Angst.
Und wieder ist es Paolo Bacigalupi gelungen, mich hoffnungslos in seinen Bann zu ziehen! Unglaublich kraftvoll und spannend schildert er das Leben der Menschheit nach dem Untergang. Grausame Kriege, Klimawandel, Steigen des Meeresspiegels, von anderen kleinen und großen Katastrophen ganz zu schweigen. Bacigalupi zeichnet ein wahres Horrorszenario auf, welches erschreckend und verstörend, aber auch wahnsinnig fesselnd ist, da es glaubhaft und real wirkt. Die Erde ist hoffnungslos zerstört, mutierte Wesen bevölkern seine Oberfläche und der Klimawandel lässt alles nur noch schlimmer scheinen. Die uns vertraute Umgebung gibt es nicht mehr, die von uns ausgebeutete Natur wehrt sich. In diesem Szenario des Schreckens und der Lebensfeindlichkeit versuchen die beiden Kriegsmaden Mouse und Mahlia irgendwie zu überleben. Ihr Kampf wird sehr authentisch geschildert und ich konnte mich - leider problemlos - in die beiden Kinder und ihre Situation hineinversetzen. Dies war nur dank der wunderbaren Schilderungen des Autors möglich, da er die Umgebung sehr bildlich und zum Greifen nahe schildert. Verwundert hat mich, dass es kam mehr Erwachsene zu geben scheint. Die wenigen, die noch existieren halten ihr Augenmerk auf Zerstörung und Gewalt, statt auf dem Wiederaufbau. Vielleicht haben sie aber auch einfach aufgegeben. Die Kinder, besonders die Kindersoldaten, gingen mir sehr nah. Sie morden, vergewaltigen und versuchen verzweifelt, einen Platz in dieser grausamen Welt zu finden. Sie haben keinen Halt, keine Orientierung und machen es einfach den Erwachsenen nach: Gewalt und Zerstörungswut. Dies bewegte mich zu tiefst und gab mir Stoff zum Nachdenken.
Genauso vielfältig wie die Umgebung, sind auch die Charaktere. Sie schillern in einer unglaublichen Vielfalt und Eigenständigkeit, die mich faszinierte und packte. Sie wirken stark, authentisch und lebensnah. Allen voran die junge Kriegsmade Mahlia. Sie ist ein ungewolltes Kind von einer Amerikanerin und einem Kriegsbesatzer, also einem Chinesen. Ihre asiatischen Züge lassen sich nicht verheimlichen, was ihr das Leben fast zur Hölle macht. Mahlia sieht sich als Kind der Versunkenen Städte und als nichts anderes. Durch einen Gewaltausbruch von Kindersoldaten hat sie eine Hand verloren, aber dadurch an Kraft und Willen gewonnen. Sie wirkt nicht überheblich, sondern eine innere, ungebrochene Kraft treibt sie an, die ich einfach nur bewundernswert fand. Allerdings bewegt sie sich auf einem schmalen Grat: Entweder sie stürzt ab und wird so brutal wie ihre Umwelt, oder sie behält ihre Menschlichkeit und ihre Gefühle. Diese Gratwanderung ist ihr noch nicht mal bewusst, wird von Bacigalupi aber wunderbar in den Vordergrund gestellt. Ihr inneren Kampf ist bemerkenswert realistisch und ich habe Mahlia sehr gerne begleitet.
An ihrer Seite ist der ebenfalls noch sehr junge Mouse. Als Bauernjunge konnte er sich bisher aus den Kriegswirren raushalten und wuchs relativ behütet auf, doch irgendwann überrollte auch ihn die Gewalt. Auf sich allein gestellt, packt er das Leben bei den Hörnern und gibt nicht auf. In ihm ruht eine gewaltige Kraft, die erst durch Folter und Todesangst zu brechen droht.
Mein Fazit
Mal wieder ein außergewöhnlicher Roman von einem Autor, der mich mehr und mehr zu fesseln versteht. Absolut lesenswert!