Lange, Kathrin
Das Buch der Sänger
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»Das Buch der Sänger« von Lange, Kathrin
Er saß in seinem Turm und dachte über die alten Weidentexte
nach. Immer und immer wieder kam ihm eine Passage in den Sinn, die seine
Hoffnung bestärkte.
Ein Kind !
Ein Kind gezeugt von zwei Jundalar-Marvini´i. Das musste die Lösung
sein. Neverjah schickte sein Erim auf Wanderschaft, sprang von einer Person
zur Anderen und endete schließlich in Tarimas Kopf. Er sah durch ihre
Augen die Seherin, ihre Großmutter, über sie hatte er die Brücke
zu Tarimas Geist geschlagen. Über sie hatte er ihre Rolle für
die Zukunft der Gabe, des Gesangs, erfahren und die Pläne der Seherin,
die Enkelin, vor ihm zu schützen. Es war ein unbeschreibliches Hochgefühl
für ihn, die alte Frau zu singen, Teile aus der Zukunft zu erfahren
und darauf reagieren zu können, war ein ziemlicher Vorteil. Er hatte
einen seiner Schüler ausgesandt, Tarima zu ihm zu bringen und durch
dies würde sie auf die Gruppe der Abenteurer um Marvin und Bource treffen.
Einerlei, er würde schon dafür sorgen, dass er sein Ziel erreichte,
auch wenn die Zauberin gegen ihn spielte und Tarima gerade riet, sich von
ihm fern zuhalten.
Die Seherin diskutierte mit ihrer Enkelin gerade über den Gesang, die
Gabe die auch Tarima besaß. Natürlich erwähnte sie nicht,
dass Tarimas Begabung etwas Besonderes zu sein schien, da heute kaum noch
ein Marvini´i über solch ausgeprägte Fähigkeiten verfügte.
Sie erzählte der Marvina von Jundalar, dem bekanntesten der Großen
vom Volke Marvin, dem Verfasser der Weidentexte, der damals noch friedlich
am heiligen Fluss Tarandil lebte, bevor die Gabe begann schwächer zu
werden und sein Volk, von Feinden, in alle Welt zerstreut wurde. Tarima
hatte so viele Fragen zur Entstehung der Gabe, so viel wollte sie über
die Herkunft und den Grund dafür erfahren, dass gerade sie den Gesang
besaß. Doch die Seherin war nicht gewillt, ihr die volle Wahrheit
zu erzählen. Zu vieles über die zukünftigen Geschehnisse
hätte sie der Enkelin eröffnen müssen. Über Neverjah,
der sie, unter dem Vorwand , sie in der Gabe zu unterrichten, für seine
Pläne gewinnen wollte. Über Marvin, Bource und die anderen Abenteurer,
mit deren Schicksal das ihre so eng verknüpft war. Am allermeisten
beunruhigten die Seherin aber die Pläne des Fremden, der kürzlich
auf Tarima aufmerksam geworden war, er würde nicht so taktvoll mit
ihr umgehen, wie Neverjah oder sie selbst es zu tun pflegten. Er war eine
echte Bedrohung und seine Pläne lagen für sie nach wie vor im
Dunkeln.
Je stärker Tarima nach Antworten verlangte, desto mehr war sie der
Überzeugung, dass ihre Enkelin diese selbst finden musste.
Erster Band einer mehrteiligen Saga um die Letzten vom Volke Marvin,
ist das "Buch der Sänger". Es spielt in Ilha, dem Land
der drei Völker. Dort leben seit ungezählten Generationen die
Marvini´i, die sogenannten Sänger. Tarima ist eine Marvini´i,
eine Sängerin, aus der Rasse der Elphenor. Seit ihrer Kindheit ist
sie stets niedergeschlagen und sieht den Grund dafür in ihrer Begabung.
Erst die Bekanntschaft mit Marvin, Bource, Dhen, Natal und Belem, ändert
ihren Zustand und sie lernt Kraft aus ihrer Begabung zu schöpfen.
Den Gesang besitzen nur Marvina, die Sänger. Es ist das Lesen des
Bewusstseins anderer Menschen. Der Gesang wird aber schwächer und
droht ganz verloren zu gehen. Dies versucht Neverjah durch seine Pläne
zu verhindern.
Doch sein Weg ist für andere nicht die richtige Wahl.
Die Autorin. Zitat:
"Mein Name ist Kathrin Lange, ich bin 1969 geboren und seit einigen
Jahren verheiratet. Neben meiner Arbeit als freie Verlagsherstellerin
und Mutter von zwei Söhnen habe ich mir ein "heimliches Laster"
(J.R.R. Tolkien über seine Freude an der Erfindung von Sprachsystemen)
zugelegt:
Es mag seltsam erscheinen, wenn jemand einen Großteil seiner Freizeit
mit dem Erfinden von fremden Welten verbringt. Früh fasziniert vom
Herrn der Ringe hatte ich irgendwann den Wunsch, mich an dieser Art der
Literatur selbst zu versuchen. Der erste Schritt in eine fremde Welt war
getan, als das Buch der Sänger begann, Gestalt anzunehmen, naiv und
unreflektiert am Anfang. Aber im Laufe der Jahre wuchs die Erzählung
heran und mit ihr ihre Ausuferungen in immer neue Gestade. Mit der Zeit
verlor sie ihre Naivität und wandelte sich zu einer "tiefsinnigen,
oftmals traurigen Geschichte um Liebe und Hass, um Gebrauchtwerden und
Zurückweisung ..." (Besprechung in der Presse). Jedoch immer
noch in Vordergrund steht die Freude am Erzählen und die Lust am
Erfinden von fremden Szenarien.
Heute, da man mich als erwachsen bezeichnet, hat die Welt der Drei Länder
für mich nichts von ihrer Faszination verloren. Noch immer verbringe
ich Stunden auf den Pfaden Ilhas, und ich hoffe, dass die Dinge, die ich
in der Bibliothek von Ovin ausgegraben habe und noch ausgraben werde,
dem ein oder anderen Leser vergnügliche Stunden bereiten.
Ich würde mich freuen, wenn Ihr mir folgt auf die Pfade Ihlas."
Zitat Ende.
"Das Buch der Sänger" setzt sich aus Erlebnissen der
Beteiligten, vor und nach der Zusammenkunft um Marvins Abenteurergruppe,
zusammen. Je mehr Stücke der Leser aus dem Leben einer Figur erzählt
bekommt, desto besser lernt er sie, für gewöhnlich, kennen.
Dieses "Kennenlernen der handelnden Personen", geschieht hier
auf ganz natürliche Weise. Geschickt hat die Autorin die vergangenen
Erlebnisse in den Handlungsstrang verpackt und immer, wenn man als Leser
das Gefühl bekommt, eine Figur zu kennen, wird man mit einem neuen
Auszug aus deren Leben überrascht, ganz wie im reellen Hier und Jetzt.
Die Geschichte der meisten Beteiligten war sehr turbulent und ist mit
einigen weiteren noch stark verknüpft. Das komplexe Geflecht entwirrt
sich zur Mitte des Buches und es fällt dem Leser plötzlich "wie
Schuppen" von den Augen.
Die Geschichte ist mit viel Gefühl erzählt und handelt auch
stark von der Gefühlswelt der Beteiligten, was das "Buch der
Sänger" aber keinesfalls zu einem schnulzigen Liebesroman macht.
Kathrin Lange schuf eine Szenerie, die ohne feste Fantasymuster auskommt.
Es gibt keine typischen Fabelwesen, keine Erzmagier oder andere skurile
Geschöpfe. Der Handlungsort wird sympatisch durch seine "Normalität"
und hebt sich somit von vielmals kopierten und abgewandelten Welten ab.
Wer sich jetzt Gedanken macht bei Fantasy-Lektüre neu einzusteigen,
hat mit diesem Roman einen idealen Start. Für diejenigen, die auch
mal einen Tapetenwechsel brauchen, aber doch schon mit der Materie vertraut
sind, ist "Das Buch der Sänger" eine kurzweilige, spannende
und sicher willkommene Abwechslung.
Mich hat diese Lektüre von beginn an begeistert und fasziniert.
Und mehr als jedem zu raten, sich dieses Buch mal vorzunehmen, kann
ich schon fast nicht mehr tun. Ein dickes Lob und Danke schön an
die Autorin, für viele ergreifende Lesestunden.
Ich bewerte somit das "Buch der Sänger" mit 10 Punkten.