Joe Haldeman Meisterwerke der Science Fiction
Der ewige Krieg
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»Der ewige Krieg« (Meisterwerke der Science Fiction) von Joe Haldeman
Als der Krieg mit den Außerirdischen beginnt , werden von den Schulen die intelligentesten und anpassungsfähigsten Studenten zwangsverpflichtet. Nachdem sie eine mörderische Ausbildung durchlaufen, bei der schon viele Rekruten nicht überleben, erreichen sie das Kampfgebiet. Über den Feind und seine Absichten ist nichts bekannt. Das ganze Unternehmen erscheint als eine Farce.
William Mandella ist einer dieser jungen Soldaten. Die Geschichte wird aus seiner Sicht erzählt, teils ironisch, teils humorvoll aber immer eindringlich und bestechend. Durch die sogenannte Zeitdillatation erstreckt sich der Krieg über mehrere Jahrhunderte, obwohl für die Soldaten nur wenige Jahre vergehen. Bei jeder Rückkehr der Soldaten scheint ihre Welt plötzlich fremdartiger, die Sprache und Lebensweisen verändern sich und sie selbst wirken plötzlich wie Relikte aus einer anderen Zeit.
Das Vorwort von Ben Bova setzt die Erwartungen sehr hoch an. Ich war zunächst etwas skeptisch aber der Roman hat mich von der ersten Seite an gepackt und nicht mehr losgelassen. Jede Generation hat ihren eigenen Krieg, der Autor war in Vietnam und seine Erlebnisse und Eindrücke fließen in den Roman mit ein. Die Ich-Perspektive macht es authentischer und manche Details der Ausbildung erschrecken den Leser zutiefst. Echte Tötungen, um Schulfilme herzustellen oder die Lässigkeit, mit der Rekruten schon während der Ausbildung in den Tod geschickt werden. Nachschub ist ja genug vorhanden. Die Sinnlosigkeit der militärischen Übungen wird drastisch herausgestellt, hier herrscht die Bürokratie über die Logik und während die Rekruten über einen IQ ab 130 verfügen, scheinen die Ausbilder über wesentlich weniger Intelligenz zu verfügen. Doch alle Übungen können die Soldaten nicht auf die Realität vorbereiten.
Bei einem ersten Kontakt erschießen die jungen Männer und Frauen mehrere fremde Wesen , ohne jeden Versuch zur Kontaktaufnahme. Dabei erfährt Mandella, dass die Auszubildenden einer hypnotischen Konditionierung ausgesetzt waren, um die Hemmschwelle abzuschalten. Bei diesem ersten Feindkontakt kommt eine Soldatin ums Leben, was den Hass der jungen Leute schürt, obwohl der Angriff von den Soldaten ausging und die Opferzahlen des sogenannten Feindes erheblich höher waren.
Die Rückkehr auf die Erde ist für die Heimkehrer desillusionierend . Während für die jungen Leute nur drei Jahre vergangen sind, waren es auf der Erde über 20 Jahre. Die Wehrpflicht wurde von drei auf fünf Jahre angehoben, ohne dass die Soldaten davon erfahren haben. Durch den Steuersatz von 92% um den Krieg zu finanzieren, schrumpft ihr angespartes Sold von 400.000$ auf knapp 32.000$. Es herrschen 60% Arbeitslosigkeit und die Aussicht, einen Job außerhalb des Militärs zu bekommen, ist mehr als gering. Dies erinnert stark an die Situation der Kriegsheimkehrer in den USA, die nach ihrer Rückkehr aus Vietnam oder Afghanistan auch vor dem Nichts standen und kaum Zukunftsaussichten hatten. Der Umgang mit den Veteranen ist und bleibt eine Peinlichkeit für die Regierung, viele Soldaten verpflichten sich erneut, um der Ausweglosigkeit in ihrer Heimat zu entkommen.
Die Zusagen und Versprechungen, die man William Mandella und Margay Potter macht werden von Seiten des Militärs gebrochen, der Wunsch des Individuums zählt nichts. Durch die verschiedenen Einsätze und Zeitsprünge erleben die beiden Protagonisten einen umfassenden gesellschaftlichen Wandel mit. Die Menschheit wird genetisch auf Homosexualität programmiert um die Geburtenrate zu senken. Heterosexualität wird erst verboten, dann geduldet. Von der freizügigen Sexualität der siebziger Jahre bleibt nichts mehr, alles unterliegt der Kontrolle. Diese Wendung im Roman ist sicherlich auch ein Seitenhieb auf das Militär, da es Homosexuellen bis 1993 verboten war, in den Streitkräften zu dienen und auch danach bis 2010 nur eingeschränkt. Sowohl Willam Mandella als auch Margay Potter fällt es schwer, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen. Doch solange sie zusammen bleiben können, bewahren sie sich die Erinnerungen an ihre Vergangenheit und Lebensweise, bis das Militär ihnen auch das nimmt.
Der Roman besteht aus knapp über 300 Seiten, wenn man die heutigen, aufgeblasenen und endlosen Romane zum Vergleich nimmt, sticht dieses Buch in allen Belangen heraus. Er ist humorvoll, ironisch, zynisch, kritisch aber nichtsdestotrotz unterhaltsam. Hier gibt es keinen mahnenden und erhobenen Zeigefinger, der Leser wird lediglich dazu animiert, über die Sinnlosigkeit und Konsequenzen eines Krieges nachzudenken. Leider wird nicht erwähnt, wer dieses Werk übersetzt hat. Dem Übersetzer ist es aber auf jeden Fall gelungen, die Intentionen des Autors auch auf Deutsch eindringlich zu formulieren und dem Leser nahe zu bringen. Hier handelt es sich um eine erweiterte Neufassung, die 1988 erstmals erschienen ist, die Jahreszahlen der Erstausgabe wurden den Gegebenheiten angepasst. Was zur Bewältigung eines Kriegstraumas geschrieben wurde, wurde der Vorreiter von Antikriegsromanen und Filmen und hat auch heute nichts an Eindringlichkeit und Aktualität verloren, stehen wir doch auch heute vor endlosen und sinnlosen Kriegen, der die nächste Generation zum Opfer fällt.