Isaac Asimov
Nemesis
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»Nemesis« von Isaac Asimov
Die verschiedenen menschlichen Parteien im heimischen Sonnensystem sind (mal wieder) gespalten und haben sich entzweit. Es gibt die Erde, den besiedelten Mars und die menschlichen Kolonien weit draußen im System. Eine dieser Kolonien ist die Raumstation Rotor. Dort hat man drei ungemein wichtige Entdeckungen gemacht:
1. Den Hyperantrieb, den niemand sonst sein eigen nennen kann.
2. Einen bisher unbekannten Stern, näher an unserem Sonnensystem als alle anderen und der hinter einer Staubwolke versteckt ist - weshalb ihn sonst noch niemand entdeckt hat.
3. Die Erkenntnis, dass dieser Stern, man gibt ihm den Namen Nemesis, in Richtung Sonnensystem rast und in ungefähr 5000 Jahren die Erde zerstören wird.
Da die Rotorianer in unserem Sonnensystem nicht mehr wirklich glücklich sind und sie zudem die ersten sein wollen die einen Stern mit eventuell vorhandenen Planeten in akzeptabler Entfernung erreichen, begeben sie sich an Bord von Rotor auf eine lange Reise in Richtung Nemesis. Dort angekommen entdecken sie, dass um Nemesis ein Gasriese mit einem kleinen, fast bewohnbaren Planeten, kreist. Und dieser Planet verbirgt ein großes Geheimnis.
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Liest oder hört man den Namen Isaac Asimov, denkt man wohl automatisch an seine Foundation und Roboter Romane. Sein Name wird wohl mit diesen beiden Reihen auf ewig verknüpft sein. Bei dem vorliegenden Buch hingegen muss man sich solchen Gedankenspielen nicht hingeben, denn Nemesis (OT: Nemesis) gehört glücklicherweise zu keine der beiden Reihen. Glücklicherweise deshalb, weil es auch Spaß machen kann, einen Roman Asimovs außerhalb dieser Reihen zu lesen. Auch wenn der Heyne Verlag Nemesis als 17tes Buch der Foundation Reihe anpreist, hat es nichts mir ihr zu tun.
Wie so oft bin ich persönlich der Meinung, dass die Bücher von Asimov recht gut gealtert sind, da Asimov weniger Wert auf Technik legte und sich dafür mehr auf soziale und gesellschaftliche Probleme und Gegebenheiten konzentrierte. Und die Probleme von vor 60 Jahren, sind leider auch in der heutigen Zeit noch ein aktuelles Thema. So ist es dann auch nicht verwunderlich, dass der vorliegende Roman eher die zwischenmenschlichen Probleme seiner Protagonisten behandelt und eben kein Feuerwerk an Action liefert.
Eines finde ich an dem Plot interessant. Obwohl Nemesis kein Buch aus der Foundation Reihe ist, Asimov hat es drei Jahre nach seinem letzten Foundation Roman, Die Rückkehr zur Erde , geschrieben, liefert er hier quasi ein ähnliches Setting ab. Wieder einmal ist es eine intelligente weltumspannende Wesenheit die hier in die Handlungen der Protagonisten eingreift und sie steuert. War es in Die Rückkehr zur Erde noch Galaxia, so nennt sich hier im vorliegenden Buch die Intelligenz selbst Erythro. Asimov scheint da wohl eine neue Vorliebe gewonnen zu haben.
Asimov legt in der Geschichte sein Augenmerk nicht auf die Reise Rotors zum Zielort. Es gibt deshalb auch keine Gefahren oder außergewöhnliche Probleme zu bestehen oder zu lösen und man trifft auch (noch) nicht auf Außerirdische. Es ist einfach nur die Geschichte einer Mutter, die sich Sorgen um ihre Tochter Marlene macht, denn Marlene hat eine außergewöhnliche Fähigkeit: Sie ist quasi ein menschlicher Lügendetektor. Jeder Blick, jede Bewegung, jedes Zuckens eines Muskels ihres Gegenübers weiß sie zu deuten und zu lesen. Sie durchschaut jeden Menschen, bis ins kleinste Detail – was sie bei anderen Menschen nicht unbedingt beliebt macht. Sie wird dadurch zu einer Außenseiterin – und unterliegt im weiteren Verlauf einem unerklärlichen Drang, der sie auf den Kleinplaneten Erythro zieht.
Erythro ist der Satellitenplanet des Gasriesen Megas, der still seine Bahn um die Sonne Nemesis zieht. Dieses Verlangen kann ihre Mutter Eugenia, anerkannte Wissenschaftlerin und Entdeckerin von Nemesis, nicht nachvollziehen und es bereitet ihr schlaflose Nächte, zumal auch Marlene etwas ratlos ist. Irgendwann beschließen beide nach Erythro zu fliegen und die dortige menschliche Forschungssstation zu besuchen. Nachdem beide endlich auf Erythro angekommen sind, geschehen dort unerklärliche Dinge. Etwas oder jemand scheint die Menschen auf Erythro kontrollieren und beeinflussen zu wollen.
Der zweite Handlungsstrang handelt von Crile Fisher, Marlenes Vater, welcher auf der Erde geblieben ist und die Reise auf Rotor Richtung Nemesis nicht mit angetreten hat. Nachdem man sich auf der Erde fragt wohin Rotor verschwunden ist, wendet man sich an den Mann, der es eigentlich wissen sollte, nämlich Crile Fisher. Als das Rätsel um das Verschwinden Rotors gelüftet wird, macht man sich, Jahre nachdem die Raumstation das Sonnensystem verlassen hat, mit Hilfe eines neu entwickelten Antriebssystems ebenfalls auf nach Nemesis um zu schauen, was aus Rotor geworden ist.
Beide Handlungsstränge laufen parallel und vereinen sich erst kurz vor Schluss wieder, wenn alle Protagonisten aufeinander treffen. Das alles ist sehr unspektakulär geschrieben, ein wenig Spannung tritt erst nach rund der Hälfte des Buches auf, wenn Marlene auf Erythro eintrifft und sich die fremde Intelligenz „bemerkbar“ macht und zu erkennen gibt.
Die Protagonisten sind durchaus interessant, entwickeln sich aber leider nicht wirklich weiter. Marlene mit ihrer besonderen Gabe, Janus Pitt, der umtriebige und recht egoistisch denkende Chef von Rotor, Eugenia, die fürsorgliche Mutter Marlenes, die mit ihrer für mich übertriebenen Fürsorge irgendwann gewaltig nervt und Crile Fisher, der mit seiner früheren Entscheidung nicht mit Rotor nach Nemesis geflogen zu sein hadert und deshalb glaubt, seine Tochter im Stich gelassen zu haben.
Ein Teil der Fisher Story handelt davon, wie die Erde endlich einen Überlichtantrieb erfindet um so ebenfalls nach Nemesis fliegen zu können. Hier läßt Asimov die technischen Details außen vor. Der Überlichtantrieb ist zumindest schon einmal ein Fortschritt gegenüber seiner Foundation Reihe, in dem noch stramm mit Atomenergie geflogen wurde, was immer einen etwas antiquierten Eindruck hinterlassen hatte.
Auf die im Sonnensystem herrschenden Zustände geht Asimov leider nicht näher drauf ein. Warum auch, die stehen ja nicht im Mittelpunkt. Im Gegensatz aber zu der Expanse Reihe von James Corey zum Beispiel, scheinen hier die wirtschaftlichen und technischen Begebenheiten genau andersherum zu liegen und die Kolonien am Rande des Sonnensystems geben den Ton an. Daher war es den Kolonisten auf Rotor noch vor der Erde und dem Mars möglich, Nemesis zu entdecken und das System mit Hilfe ihres Hyperantriebes zu erreichen.
Fazit
Sollte man mir die Frage stellen warum mir das Buch trotz einer etwas dahinplätschernden Handlung dennoch gefallen hat, wüsste ich nicht wirklich was ich darauf erwidern sollte. Es ist halt ein Asimov und ich mag seine Bücher – und das sollte reichen (zumindest für mich). Entweder man mag Asimov oder man mag ihn nicht.