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Neil Gaiman

American Gods

  • Autor:Neil Gaiman
  • Titel: American Gods
  • Serie:
  • Genre:Fantasy
  • Einband:Taschenbuch
  • Verlag:Eichborn Verlag
  • Datum:15 Mai 2015
  • Preis:14,00 EUR

 
»American Gods« von Neil Gaiman


Besprochen von:
 
Sachmet
Deine Wertung:
(4.5)

 
 
Wenn Kolumbus meint, er habe als erstes Amerika entdeckt, so irrt er sich. Schon lange vor ihm betraten nordische, karibische oder afrikanische Abenteurer das neue Land. Neben Tauschwaren und neuen Krankheiten brachten sie auch ihre Götter mit, so dass Odin, Osiris, Kali und viele andere Götter, neben irischen Kobolden oder deutschen Heinzelmännchen, auf dem amerikanischen Kontinent eine neue Heimat fanden.

Doch Götter ernähren sich vom Glauben, von der Treue und den Opfern ihrer Gläubigen. Was passiert, wenn niemand mehr an sie glaubt, Technik und Fortschritt sie verdrängen?

Shadow, ein ehemaliger Strafgefangener und durch und durch bodenständiger Typ bekommt diese Frage ,ungewollt, beantwortet.

Nachdem der junge, stille und ernsthafte Mann, drei Jahre im Knast verbracht hat, wird er, wegen guter Führung, aus dem Gefängnis entlassen. Doch draußen erwartet ihn nichts. Seine Frau wurde bei einem Verkehrsunfall getötet, ebenso sein bester Freund und Arbeitgeber Robert. So nimmt Shadow das Angebot an, für den zwielichtigen Mr. Wednesday zu arbeiten.

Schnell merkt Shadow, dass an seinem neuen Arbeitgeber mehr dran ist als es scheint. Gemeinsam reisen sie durch die USA und besuchen merkwürdige und skurrile Gestalten. Was Shadow zunächst nicht ahnt: Wednesday versucht, diese Menschen zu einem Krieg zu bewegen. Ein Krieg gegen das Vergessen und die Vernichtung. Denn es handelt sich bei Easter, Hinzelmann, Whiskey oder Tschernibog nicht um alte und sonderbare Menschen, sondern um Götter. Götter, die mit den Vorfahren nach Amerika kamen, nun aber fast vergessen sind, nur noch Gestalten aus alten Legenden oder Märchen. Neue Götter des Fortschritts und der Technik haben die Macht an sich gerissen, blenden die Menschen und versprechen ihnen Ruhm und Reichtum. Die heutige Gesellschaft ist geprägt von Ehrgeiz und Gier, es bleibt ein Platz mehr für den Glauben und Meditation.
Ein Krieg scheint ausausweislich, doch Shadow möchte dies verhindern, auch wenn der Preis dafür sein Leben ist.

Kommentar:
bevor ich zu diesem director's cut gegriffen habe, habe ich die alte Version des Buches gelesen, um einen direkten Vergleich ziehen zu können. Obwohl die neue Ausgabe sicher ihre Leser finden wird, schwungvoller und moderner ist, hängt mein Herz an der alten Geschichte.

Neil Gaiman hat dieser neues Ausgabe ein ausführliches Vorwort beigefügt, in dem er begründet, was ihn zu dieser erweiterten Fassung bewog. Sicherlich kann ich seine Beweggründe nachvollziehen, allerdings finde ich nicht, dass dieses MEHR an Wörtern zum Inhalt der Geschichte wesentlich beiträgt. Auch wenn viele meinen, dass Karsten Singelmann damals keine hervorragende Übersetzung abgeliefert hat, gefällt mir seine Version besser als die von Hannes Riffel. Herr Riffel, Baujahr 1966, bedient sich einer lässigeren und legeren deutschen Sprache, bringt die Geschichte in Schwung, macht sie moderner und salopper. Doch wie schon bei Abarat von Clive Barker, ist es die Übersetzung von Herr Singelmann , die mich mehr beeindruckt. Er befleißigt sich eines gefälligeren, etwas altmodischeren deutsch. Seine Wortwahl ist eindringlicher, und prägnanter. Er geht mit der deutschen Sprache versierter um, ist eloquenter. Die neue Übersetzung ist hingegen hat den Vorteil, dass sie aktueller ist, dem Zeitgeist entsprechend. Die Sätze sind kürzer, vielleicht der SMS oder Comic Generation gestundet?

Obwohl ich inhaltlich keinen großen Differenz zwischen den Ausgaben erkennen kann, machen die kleinen Details den Unterschied. Die Zitate von Herodet sind in der alten Version schöner. Die neue und aktuelle Sprache passt einfach nicht zu einem Dichter der Antike. Das gleiche gilt für die Übersetzung von Thomas Bailey Aldrich (1836-1907) Außerdem war damals in dem Herodet lediglich eine 5 Cent Münze versteckt, während es jetzt zwei Vierteldollar, ein Nickel und ein Penny sind. Natürlich kommt man so auf mehr Worte aber sie sind meines Erachtens nicht relevant für die Aussage der Geschichte. Es macht auch keinen Unterschied, ob Laura in einem Reisebüro arbeitet (alt) oder es betreibt(neu). Der Dialog zwischen Shadow und dem Gefängniswärter auf dem Weg zum Zimmer des Direktors wurde um ca. 10 Sätze verlängert. Aber auch diese tragen nichts Handlung bei.

Auch gibt es zum Beispiel in der neuen Ausgabe einen Fehler. Ein Zitat aus der alten Übersetzung: Nach drei Jahren standen nur noch drei Dinge auf seiner Liste....
In der neuen Übersetzung heißt es: Nach drei Jahren standen nur noch zwei Dinge drauf...
Obwohl nur noch zwei Dinge auf der Liste stehen, werden auch in der neuen Übersetzungen dann die drei Dinge aus der alten Übersetzung übernommen. Und Züge hupen zu lassen trägt auch nicht dazu bei, dass ich diese Neuausgabe lieber mag.

Meine ganz persönliche und subjektive Meinung ist, dass Shadow in der neuen Wiedergabe eindeutig an Sympathien verliert. Im director's cut wirkt er wie ein Knacki, jemand, der einfach nur seine Strafe absitzt. Hier fehlt die Intensität, das Gefühl, dass es sich um einen ganz besonderen Menschen handelt, der das Leben auf ganz eigenartige Weise betrachtet. Die Melancholie, die Traurigkeit nach dem Verlust von Laura und dem Betrug von Robert, die innere Leere wirken hier oberflächlich. Seinen Interaktionen mit den Menschen, denen er begegnet wird mehr Raum gegeben, aber es fehlt an Charme und Herzlichkeit. Zwar bleibt er von allem unberührt, doch früher hatte man immer das Gefühl, er nimmt trotz allem Anteil, ganz tief in sich verborgen. Man mochte ihn, traute ihm Großes zu. Hier werde ich nicht so richtig warm mit ihm.

Doch jeder lässt sich von Sprache anders beeinflussen, diese Ausgabe wird ihre Fans finden, da bin ich mir sicher. Denn Neil Gaiman hat ein wundervolles, leicht ironisches und humorvolles Buch abgeliefert, das man sich nicht entgehen lassen sollte. Egal, ob man Herr Singelmann oder Herr Riffel den Vorzug gibt.

Fazit:
Die Unterschiede sind schwer greifbar und kaum benennbar und rein subjektiv. Bilde sich jeder ein eigenes Urteil.
 


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